Diskriminierung

TERFs (trans exclusionary radical feminists) Alarm!

Rico dachte, dass ‘Feminist*innen’, die trans Menschen bewusst ausschliessen, ein Phänomen des englischsprachigen Raumes seien. Bis er anderes erfuhr...

Rainbow coloured flags

Ich dachte TERFs (trans exclusionary radical feminists), also ‘Feminist*innen’, die trans Menschen bewusst ausschliessen, seien ein Phänomen des englischsprachigen Raumes. Ich dachte das, bis ich zufällig auf einen Vortrag auf YouTube gestossen bin, in dem trans Menschen verunglimpft und über das argentinische Selbstbestimmungsgesetz gesprochen wird. Das Gesetz ist seit 2012 in Kraft. Dieses erlaubt es trans Menschen, ihren Geschlechtseintrag ohne Hormontherapie, chirurgische Eingriffe oder psychologisches Gutachten zu ändern. In Deutschland wird seit Jahren über eine Reform des entwürdigenden Transexuellengesetzes aus den 1980er-Jahren debattiert. Bisher ohne Erfolg. Die Schweiz hat den Vorgang zur Anpassung des Geschlechtseintrags anfangs Jahr vereinfacht.

TERFs sprechen zwar über Frauenrechte, reduzieren Körper auf biologistische Weise auf Reproduktionsorgane und bauen darauf ihren menschenverachtenden Diskurs auf. Aktuelles Beispiel ist ein Artikel in Alices Schwarzers «feministischer» Zeitschrift «Emma» über die Bundestagsabgeordnete Tessa Ganserer (Bündnis 90/Die Grünen). Zusammen mit Nyke Slawik schafften sie es als erste trans Frauen in den deutschen Bundestag. Erfreulich. Könnte mensch meinen. Nicht so für die Emma-Redaktion. Ich verzichte darauf, den transphoben, respektlosen Inhalt des besagten Artikels zu zitieren. Ich habe es, ehrlich gesagt, auch nur bis zum Lead geschafft. Deadnaming, also das Nennen Tessa Ganserers früheren Namens, Misgendering, alles dabei. Kurz gesagt: Tessa wird ihre Geschlechtsidentität abgesprochen und deshalb verdiene sie den Bundestagssitz auch nicht, weil sie keine Frau sei.

Was schmerzt ist, dass sich ausgerechnet eine Galionsfigur des Feminismus immer mehr in diese Richtung radikalisiert. Ausgerechnet Alice Schwarzer, die den Gleichstellungskampf im deutschsprachigen Raum dermassen geprägt hat, tritt nun nach unten. Verheerend, weil Alice Schwarzers Stimme Gewicht hat, sie vertritt diese Positionen aus einer Machtposition und schädigt somit trans Menschen massiv. Doch das scheint sie in Kauf zu nehmen, es geht wie bei so vielen Diskursen um Deutungshoheit, nur leider wird dies auf dem Rücken einer der vulnerabelsten Gruppen überhaupt ausgetragen.

Trans rights are human rightsJahrtausende andauernde systematische soziale, wirtschaftliche, politische Unterdrückung und TERFs sehen in trans Menschen die grösste Gefahr eines Backlashs. Das macht sprachlos, in vielen Ländern erreichen trans Menschen nicht mal ein Alter (in Argentinien 35-40 Jahre, ich lebe hier, darum diese Zahl), um eine Gefahr sein zu können. Es ist richtiggehend krankhaft, wie europäische ‘Feministinnen’ wie Schwarzer die Thematik für ihren Hass instrumentalisieren und reichweitenstark Unsicherheit verbreiten. Unsolidarischer geht es kaum. Ausgerechnet auf den marginalisiertesten Menschen hackt man rum. Auf den Menschen, die das cis (Menschen, deren Geschlechtsidentität demjenigen Geschlecht entspricht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde) het  (heterosexuell) Patriarchat tatsächlich in Frage stellen und dekonstruieren und somit mehr Freiraum für uns alle schaffen.

Für ein selbstbestimmtes Leben abseits von vorgesehen Geschlechterrollen. Für alle! Auch für cis Menschen.

 

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Rico Schüpbach

Rico Schüpbach studied Business Communications (B.Sc.) at the University of Applied Sciences in Zurich and is currently in Buenos Aires. They started their career in the communication field in 2008 as a trainee at a lifestyle magazine. Rico has always been fascinated by the power of professionally produced images, aesthetics and texts, and therefore shifted to advertising and then to public relations. While pursuing their bachelor’s degree, Rico started to deepen their knowledge of gender and queer studies. ​In 2018, Rico received their Master’s Degree in International Studies on Media, Power, and Difference from the Universitat Pompeu Fabra in Barcelona.

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